Chapter 3: Slow Fashion


Gedanken zu Männern und Moden – sechs Sommer-Episoden von Modekenner und Wortakrobat Jeroen van Rooijen.

Im Zuge der Corona-Pandemie und der dadurch verursachten Wirtschaftskrise wurde oft über die Notwendigkeit einer nachhaltigeren und bewussteren Konsumkultur debattiert. Es sei Zeit für eine neue, bewusstere und nachhaltigere Art des Einkaufens. Wir sollten weniger und besser einkaufen. Moment mal: Weniger einkaufen? Eine Tendenz, die anhält und gerade dem Bekleidungsverhalten von Männern sehr entspricht! Gute Sache also.

Die Notwendigkeit einer entschleunigten und weniger impuls-gesteuerten Art des Einkaufens ist uns schon länger bewusst. Wer vorwärts denkt, entwickelt seinen Kleiderschrank weg vom saisonalen Trend-Rausch hin zu einer beständigeren, langsameren Art des Sich-kleidens, in der es vielmehr um den langfristigen Aufbau einer Garderobe als um überzogenes Modebewusstsein geht. Gute Kleidung hält eine Weile – es ist widersinnig, sie vor Erreichen ihres tatsächlichen Verfallsdatums zu ersetzen.

Neu ist diese Forderung an den Zeitgeist nicht: Schon 2012 schrieb die «NZZ», «dass diese Zitrone nicht weiter ausgepresst werden kann. Es gibt Anzeichen dafür, dass sich Lifestyle-Feinschmecker nicht mehr von Sensationen und Knalleffekten leiten lassen, sondern nach anderen Qualitäten suchen.» Spätestens jetzt ist die Zeit dafür. Es gibt wichtigeres zu tun, als der Mode zu folgen. Doch es bleibt von Bedeutung, gut auszusehen. Denn dazu – und natürlich zum Schutz vor Wind, Wetter und bösen Blicken – wurde Kleidung erfunden.

Man zieht sich an, um sich einzufügen und anzupassen – oder um aufzufallen, aus der Reihe zu tanzen. Oder etwas dazwischen, alle Feinabstimmungen sind denkbar, auch wenn es nur für bestimmte Momente ist. Was aber immer gilt: Sich anzuziehen ist ein bewusster Akt, eine kognitive Entscheidung des Individuums. Den «Alles-egal»-Look gibt es nicht – auch der sagt etwas über seinen Träger. Sich anziehen ist ein Statement. Für oder gegen die Normen der Zeit, in der man lebt.

Natürlich wird in diesem Kontext auch das Thema der Nachhaltigkeit immer wichtiger – man konsumiert ja nicht einfach blindwütig. Organic und Bio haben sich längst aus der Weltverbesserer-Ecke heraus bewegt und sind heute für ein breiter werdendes Kundensegment ein entscheidendes Argument, wenn es darum geht, etwas zu kaufen. Doch es geht in der Kleidung nicht nur um Leinen und Baumwolle, sondern um intelligente, neue Kombinationen, etwa mit Seide, Wolle und genauso um smarte neue Fasern, die naturbasiert oder aus Naturfasern und Kunststoffen rezykliert sind. Bei Alferano sind all diese Themen in den Kollektionen zu finden.

Nächste Woche an dieser Stelle: Neue Volumen, neue Männer und neues Konsumbewusstsein: Das ergibt eine ganz neue Kleidung! Kleidung als Werkzeug zum Leben.

Jeroen van Rooijen ist freischaffender Stilkritiker und war 2014 Mitbegründer des Alferano-Concept-Stores.