Der Trick mit dem Strick

 

In grauer Vorzeit, als die Männergarderobe noch vornehmlich aus Hemd, Hose, Sakko und Mantel bestand, waren Strickwaren bei den Herren eine recht ungeliebte Kategorie. Die Pullover waren in aller Regel fest, hart, schwer und kratzig, entsprechend wurden sie gemieden … vor allem die selbst gestrickten, die dazu oft noch unvorteilhaft geformt oder albern gemustert waren.

Das ist noch nicht so lange her – und trotzdem meilenweit weg. Denn die Strickproduzenten dieser Welt haben enorme Fortschritte gemacht, was Garne, Gewichte und Passformen betrifft. Und so gibt es heute Knitwear – so heisst die Kategorie, vom englischen „to knit“ (stricken) –, die zugleich umwerfend schön, weich, warm und angenehm zu tragen ist. Dank neuen 3-D-Maschinen werden viele Stücke heute aus einem Faden am Stück gestrickt.

Was braucht man? Nachfolgend alles Wissenswerte zu sechs unverzichtbaren Strick-Essentials, die man in der kalten Jahreszeit kennen oder besser noch: haben sollte.

Der V-Neck-Sweater – den Klassiker mit V-Ausschnitt kauft man am besten uni (einfarbig) und in eher feiner Qualität, so kann man ihn über dem T-Shirt, über dem Hemd und auch unter dem Veston tragen. Cool auch zur Club-Krawatte – sieht preppy aus. Ein idealer Kombinations-Kumpel.

Der Rundhals-Pulli – funktioniert am besten als Solo-Artist, ob dick oder dünn, ob bunt oder monochrom oder sogar gemustert. Toll sind sehr leichte und trotzdem voluminös gestrickte Modelle, die einen kleinen Anteil Stretch-Fasern haben. Sie tragen sich so selbstverständlich wie ein Sweatshirt.

Der Rolli – der schlichte, schmal geschnittene Basic mit dem Tunnelkragen macht aus jedem Hanswurst im Nu einen feinen Intellektuellen. Sieht auch zum Anzug super aus und kann an kalten Abenden sogar zum Dinner-Jacket funktionieren! Festere Rollkragenpullover– etwa mit Zopfmustern – gehören unbedingt zur Winter-Ausrüstung.

Die Strickjacke – auch bekannt unter dem Namen Cardigan, benannt nach seinem grössten Promoter, dem 7. Earl von Cardigan. Geknöpft sieht sie klassisch aus, mit Schalkragen ein bisschen nach Steve McQueen, mit einem Reissverschluss sportlicher und eher nach Trucker. Beide Varianten sind wichtig.

Der Pullunder – der ärmellose Pullover war lange verpönt und altväterlich, doch gewinnt er gerade wieder substanziell Marktanteile. Man kennt ihn im englischen übrigens nicht unter diesem Namen, der bei uns gebräuchliche Begriff ist ein Scheinanglizismus, also eine deutsche Wortschöpfung, die englisch klingt. Richtig wäre aber „sweater vest“. Mit Knöpfen nennt man das Teil dann auch bei uns Weste.

Der Polo-Pulli – ein Hybrid aus Polo-Shirt und Pullover, und dadurch recht vielseitig kombinierbar! Kennzeichnend sind der weiche Umlegekragen und die kurze Knopfleiste. Hochgeschlossen sieht‘s nach englischen Mods aus, offen getragen nach Italo-Playboy in Cortina d‘Ampezzo. Eher ein Sommer-Teil, aber auch im Herbst ein dankbares Extra.

Für alle Teile gilt: Je wertiger das Garn, umso besser der Pullover. Achten Sie auf erstklassige Merino- oder Schurwolle, Cashmere, Baumwoll-Mischungen oder auch Seiden-Anteile … und vermeiden Sie Synthetik-Beimischungen, die mehr als 15 Prozent betragen. Und seien sie vorsichtig beim Waschen, denn das mögen edle Strickwaren nur bedingt.

Jeroen van Rooijen ist Stilkritiker und Kolumnist, schreibt für internationale Zeitungen und Magazine und war 2015 Mitbegründer des Alferano Concept Stores in Zürich. 

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