Lockdown Style #1


Wie verändert die Abwesenheit von sozialem Leben unseren Look? Und was kann man gegen die drohende Verwahrlosung tun?

Von Jeroen van Rooijen

Wissen Sie, woher das derzeit omnipräsente Fremdwort «Lockdown» kommt? Nein, es hat nichts mit Schloss und Riegel zu tun, sondern mit den Frisuren, die ein plötzliches Stillegen der Gesamtwirtschaft hervorbringt. Wir werden das in absehbarer Zeit sehen, wenn die Leute wieder aus ihren Löchern gekrochen kommen und struppig in die Sonne blinzeln: Die Locken sind gewachsen, es hat sich niemand um einen Haarschnitt gekümmert. Rapunzel, let your locks down!

Spass beiseite, die oben beschriebene Wortherleitung ist natürlich an den Haaren herbeigezogen. Allerdings nicht ganz, denn: Der Lockdown hat Folgen für unser Erscheinungsbild. Wenn man wochenlang nur noch zu Hause sitzt, keine Menschen mehr trifft, sich wenig bewegt und eine Öffentlichkeit im alten Sinne, der man sich aussetzt, nicht mehr existiert, dann sehen wir sehr bald anders aus. Struppiger, wolliger, dicker, aus dem Leim gefallen und verwahrlost.

Dagegen ist frühzeitig etwas zu tun. Spaziergänge und Sport an der frischen Luft sind erlaubt und nötig. Wer zuhause eingesperrt ist oder seine Arbeit ins Home Office verlegt hat, tut aber auch gut daran, trotz Abwesenheit des Publikums die Garderobe zu pflegen. Theoretisch kann man eine Woche im gleichen Jogginganzug auf dem Sofa sitzen – faktisch tut das aber weder der häuslichen Atmosphäre noch der Selbstachtung gut.

Man hat ja jetzt unfreiwillig viel Zeit – die könnte man etwa nutzen, um den sowieso fälligen Saisonwechsel von Winter- zu Sommerklamotten akribisch anzugehen und die Garderobe gründlich auszumisten. Das ist der technische Teil der «Reinigung», der mit Sicherheit auch mentale Folgen haben wird: Man wird leichter, sieht klarer – in diesen Zeiten keine schlechte Sache.

Natürlich wird dann niemand in Anzug und Krawatte sechs Stunden am Küchentisch vor dem Laptop sitzen wollen. Aber ein bisschen Stil wäre auch bei der Arbeit im Home Office gut. Etwas mehr als ein Pyjama oder ein Jogginganzug darf es schon sein. Die «Casualisierung» der Mode hat unzählige Hybride hervorgebracht, die bestens zu unserem neuen Indoor-Lifestyle passen. Hemden aus Jersey etwa – bequem und cool. Jacketts, die so leicht und luftig sind wie eine Strickjacke. Elegante Hosen mit Taillenzug, auch «Joggers» genannt.

Haben Sie nicht? Dann gehen Sie rasch einkaufen! Jetzt ist die Zeit dafür, der Handel braucht Ihren Support so dringend wie noch nie. Klick, klick, Warenkorb füllen, Bestellung abschicken – und bald stilvoll und beschwingt in die zweite Etappe dieser menschlichen Reifenprüfung aufbrechen. Bleiben Sie gesund und guter Dinge!

Jeroen van Rooijen ist Stilkritiker und war 2014 Mitbegründer des Alferano-Concept-Stores. Beim Schreiben dieser Zeilen trägt er ein Oxford-Shirt von Aspesi, eine Stretch-Hose von Berwich, Socken von Falke und Sneakers von CQP.